Objekt des Monats

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Objekt des Monats Oktober 2021 – Die Ofensau

Ofensau

Das Objekt des Monats Oktober 2021 ist ein (ge-)wichtiger Sachzeuge der jahrhundertealten Tradition der Metallverarbeitung in unserer Region. Es befindet sich unübersehbar im Ausstellungsbereich zu Geologie, Bergbau und Eisengewinnung des Stadtmuseums in der Beschußanstalt. Es handelt sich hierbei um eine sogenannte Ofensau, sie wird auch als Eisensau, Bodensau, Härtling, Ofenbär, Ofenwolf oder Salamander bezeichnet. Während der Eisengewinnung kommt es zu Ablagerungen am Boden eines Hoch- bzw. Schmelzofens, unterhalb der Abstichöffnung, die nicht abgestochen werden kann und beim Herunterfahren des Hochofens einen festen Block bildet. Die Ofensau kann Anteile seltenerer Stoffe wie Titan oder Molybdän enthalten.

Auch wenn sogenannte Rennöfen aufgrund ihrer einfachen Bauweise lange genutzt wurden, wie Fund von Schlacken beispielsweise am Eisenberg bezeugen, begann man bereits Anfang des 13. Jahrhunderts leistungsfähigere Öfen zu entwickeln. Die eines Hammers in Mehlis im Zusammenhang mit dem Gebietsaustausch zwischen dem Landgrafen Friedrich und Balthasar und dem Kloster Reinhardsbrunn im Jahre 1357 gibt einen ersten urkundlichen Hinweis auf die Eisenverarbeitung in unserem Ort. Es lässt sich vermuten, dass hier ein sogenannter Stückofen im Einsatz war, um aus den Erzen der Umgebung das für die Eisenverarbeitung benötigte Material zu produzieren. Solch ein Stückofen war ein viereckig gemauerter, oben offener Schachtofen, dessen Größe von etwa vier Meter Höhe im Spätmittelalter bis auf zu zehn Meter Höhe im 17. Jahrhundert anwuchs.

Agricola Schmelzhütte
Darstellung einer mittelalterlichen Schmelzhütte. Aus: Georg Agricola, De Re Metallica Libri XII, Basel 1556.

Die Blasebälge der Öfen wurden durch Wasserräder angetrieben. Um immer genügend Wasser für den Betrieb der Wasserräder zur Verfügung zu haben, wurden neben einem System von Wassergräbern auch etliche Stauteiche angelegt, wie der Hammerteich („Humertaig“) im Hammerrödchen.

Hammerteich

Der Hammerteich 1913. Er war das Wasserreservoire für den Mehliser Hammer, der jährlich 200 Tonnen Stahl erzeugte. Er wurde 1936 zugeschüttet und verrohrt.

In den 1860er Jahren erloschen die Hochöfen, weil die Rohmaterialien nach Einführung neuer Transporttechnologien nun preiswerter aus dem rheinisch-westfälischen Wirtschaftsgebiet zu beziehen waren. Danach wurde das Gebäude des Mehliser Hammers anderweitig genutzt und stand noch lange Zeit unterhalb des Hammerrödchens.

Blick vom Regenberg

In der Bildmitte (roter Pfeil) ist das Gebäude des Mehliser Hammers zu sehen. Dahinter die Villa von Bolte&Anschütz, ab 1908 Max Schilling.

Heute noch erinnern Straßen- oder auch Flurnamen in Zella-Mehlis an Stellen wo Hämmer oder Gießereien standen wie Hammerweg, Blechhammer, Gießereiweg, Rohrhümerle, Stahlhammerwiese und in Mehlis das Hammerrödchen an diese Zeit.

Als die Talstraße Ende der 1980er Jahre mittels eines Durchstichs mit der Meininger Straße verbunden wurde, mussten die Gebäude des ehemaligen Mehliser Hammers dem Straßenneubau weichen. Die dort liegende Ofensau wurde von den damaligen Museumsmitarbeitern mit Unterstützung der Bauarbeiter, mit einem Bagger (einem sogenannten „Erdbeerpflücker“) geborgen und am 1. März 1989 auf den Hof des Heimatmuseums am Mehliser Markt verbracht. Als Gegenleistung bekamen die hilfsbereiten Bauarbeiter einen Kasten Bier spendiert. Mit dem Umzug in die bis 2002 sanierte Beschußanstalt wurde die Ofensau in die neue Ausstellung des Stadtmuseums integriert. Sie ist ein wichtiger Sachzeuge der einst das Ortsbild bestimmenden Eisenindustrie von Zella-Mehlis. (ls)